"Come find yourself" / Fun Lovin` Criminals

von
André Wyrwa

Morgendämmerung, Nebel. Du fährst die Straße runter durch das Ghetto und schaust nach oben. Von den Gipfeln der Häuser, die sich als schwarze Schatten vor dem eintönigen Grau des Himmels abzeichnen, strecken Antennen ihre Fühler in die frische Morgenluft. Eine Wäscheleine erstreckt sich diagonal durch Dein Blickfeld, ihr Ursprung verliert sich im Schatten des Häuserblocks, ihr Ende außerhalb Deines Blickfelds. Zwei paar an den Schnürsenkeln zusammengeknotete Turnschuhe, baumeln über die Leine geworfen in der Brise. Und aus Deinem Radio tönt der Sound der Fun Lovin' Criminals: "...come...find yourself".

So zeichnet es das Backcover des Debut-Albums der New Yorker Gruppierung, die Kritikern wie Hörern einen Strich durch die Rechnung macht, wenn sie versuchen, sie zu kategorisieren.

Cover-Art und Image der Fun Loving Criminals repräsentieren Gangster-Rap. Aber hatten wir davon nicht schon genug? Ist diese Schiene nicht etwas langweilig, ist es nicht immer wieder dasselbe, sprechen nicht gerade die vielen Cover-Versionen, die die Charts säumen für die Ideenlosigkeit dieses Genres?

Genau, dachten sich wohl auch die drei spaßigen Ganoven und widerstanden der Versuchung, krampfhaft das böse-Jungs-Image rauszukehren und 0815-Rap zu bieten. Stattdessen machten sie die großartige Entdeckung, daß Rock und Rap nicht so weit auseinanderliegen, wie gemeinhin angenommen wird und verbanden beides mit viel Humor zu einer Musikrichtung, die bis jetzt nur einen Namen kennt: The Fun Lovin' Criminals.

Einige Tracks, etwa "The Fun Lovin' Criminal" oder "Scooby Snacks", der u.a. Samples aus Pulp Fiction enthält und auch wunderbar in dessen Soundtrack gepaßt hätte, sind vielleicht bereits ein Begriff, denn seit die Scheibe CD der Woche beim Sender Fritz war, wurden diese dort auch häufig gespielt.

Aber kommen wir doch endlich zur Musik an sich. Während sich puritanische Rapper daran stören werden, daß sie zu rockig ist und ebensolche Rocker sie als puren Rap verschmähen werden, wird der vielseitiger interessierte und für Neues offene Hörer nichts als Spaß an dieser haben, denn die Symbiose aus Rap-Texten, und -Rhythmen und gitarrenlastigen Rock-Melodien ist abwechslungsreich und geht einfach ins Ohr. Daß diese Criminals den Spaß lieben, kann man dabei leicht nachvollziehen, da sie sich weder in ihren Texten, noch der Musik zu ernst nehmen, obgleich man freilich auch zwei, drei Kuschel-Songs unter den 15 Titeln findet.

Mit "Bombin' the L" findet man eine Cover-Version des Deep Purple-Klassikers "Smoke on the Water" und mit dem leider nur 1:30 langen letzten Titel "Coney Island Girl" beweisen die FLCs, daß sie auch kompromißlos rocken können.

Richtig "fat" wirkt das ganze nie, richtig rockig auch nicht, es hat eben einfach seinen eigenen ganz besonderen Charme. Den gibt's übrigens 57 Minuten und 21 Sekunden lang - leider nur mit einem etwas dürftigen Booklet - für übliche ca. 30,-DM oder sogar bereits günstiger, da die Scheibe schon von Ende '96 ist.

"Come find yourself" / Fun Lovin` Criminals, EMI Records 1997


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